Genderkingen an Donau und Lech

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Genderkinger Heimatbuch

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Genderkingen an Donau und Lech

Am Josefstag (19. März) 1929 war die Donau zugefroren. Das Eis war so dicht, daß man darauf laufen konnte. Die Fähre mußte aus dem Wasser gezogen werden, um sie vor dem Eisstoß zu schützen. Begannen die Eisplatten sich ineinander zu schieben („Eisstoß"), bestand akute Hochwassergefahr, weshalb diese von Pionieren gesprengt wurden

Will man einem Fremden beschreiben, wo das Dorf Genderkingen liegt, so sagt man gewöhnlich: „Da, wo der Lech in die Donau fließt!". Unter Einheimischen heißt diese Stelle, die ca. 4 km nordöstlich vom Dorf liegt, „Lechspitz". Über dichtbewachsene Wege kann man zu Fuß den Ort erreichen, wo sich der kalte Gebirgsfluß mit seinem grünlichen Wasser in die „blaue" Donau schiebt, um mit ihr weiter Richtung Osten zu fließen.

Das Leben an den zwei Flüssen Donau und Lech brachte für das Dörfchen Genderkingen aber nicht nur Vorteile wie Schiffahrt, Fischfang, Bademöglichkeit, u. ä., vielmehr mußten Land und Bewohner jahrhundertelang schwere Nachteile in Kauf nehmen: ständige Überschwemmungen laugten den Boden aus, Hochwasser bedrohte Mensch und Vieh, Ufergebiete wurden weggerissen, ja komplette Höfe von der Donau hinweggerafft (siehe Seite 115 f.). Lehrer Josef Köhle berichtet 1816 in einem Brief: „daß die Donau fast alle Jahre 4 bis 5 mal und dies 8 Tage lang in unsern Ort sich stemmt". Die Böden in der Gemeinde Genderkingen waren deswegen von so schlechter Qualität, „daß sie den Gemeindegliedern nur einen sehr geringen, größtentheils zur Subsistenz nicht hinlänglichen Ertrag"[1] abwarfen, wie in einem Bittschreiben um Flußkorrektion aus dem Jahre 1831 steht. Auch 1860/61 machen die Genderkinger wieder einmal auf ihre Problematik aufmerksam[2]:

„... wir sehen von Jahr zu Jahr wieder beträchtliche Strecken in die Donau hinabsinken und unser Besitzthun und den Ertrag derart geschmälert. Die Strecke, welche vorzugsweise durch die Donau leidet, ist ungefähr 2000' lang, das Ufer ist theils Ackerfeld, theils Wiesen und theils Gehölz am sogenannten Regeli und den Brinsergütern in dem großen Bogen, welchen die Donau vom Urfahrhof nach Schäfstall zu bildet. Diese Strecke enthält meistentheils lockeren Boden, bald Dammerde, bald Kies- oder Sandunterlage, so daß das Ausspülen der Donau stets das Nachfallen der oberen Erdschichten zu Folge hat. Durch den Wallaufschlag der Dampfschiffe wird dieses insbesondere gefördert und es kommt kein Dampfschiff weder auf- noch abwärts an dieser Stelle vorüber, ohne daß wieder bedeutende Stücke Erde in den Fluß hinabsinken. Bei dem im heurigen Sommer und Herbst öfter stattgehabten Hochwasser ist der Abfall wieder ein sehr erheblicher gewesen und es hat dieser Fraß seit mehreren Jahren zuverlässig schon 100 Tagwerk hinweggenommen, während auf der linken Seite des Stromes sich große Sandbänke und Anschütten gebildet haben."

Aus: Die Correktion der Donau, Dillingen 1874

Bald darauf wurden die Bitten der Genderkinger erhört. Im Zuge der Donaulauf-Regulierungen begann man unter anderem damit, die große Donauschleife an Knöller und Rotlaich entlang zu begradigen. 1864 erfolgte der Durchstich bei Schäfstall. Der Lech, der mit seinen vielen Armen und Verzweigungen immer wieder Terrainveränderungen durch Ufereinbrüche bewirkte, wurde bald darauf in Angriff genommen, in ein begradigtes Bett gezwängt und mit Dammbauten versehen, welche jedoch oftmals den schweren Hochwassern nicht Stand halten konnten. Von verheerenden Lechüberschwemmungen wissen wir aus den Jahren 1824, 1851, 1855, 1910, 1926 (mitten in der Erntezeit, so daß durch die Futterverschmutzung viele Tiere an Leberegelseuche erkrankten) und 1940. Endgültige Erleichterung brachte erst der Bau von Stauseen. Das Kraftwerk Feldheim, die letzte Staustufe am Unteren Lech, wurde 1960 in Betrieb genommen. Halfen all diese Regulierungen, den Ort vor seiner völligen Verarmung zu bewahren, so bleibt doch die Tatsache bestehen, damit massiv in die Ökologie des Lebensraumes eingegriffen zu haben. Die Zukunft fordert, alle verbliebenen Naturreservate zu schützen, weshalb die international bedeutende „Vogelfreistätte Feldheimer Stausee" (die auf der Genderkinger Uferseite nicht betreten werden darf) geschaffen, bzw. belassen wurde.

Mit der Bezwingung der Wassergewalten von Donau und Lech verloren die zwei Flüsse mehr und mehr ihre Schrecken, wenngleich noch heute immer wieder Donauüberschwemmungen vorkommen, die das Wasser in viele Keller des Ortes drücken. Nichtsdestotrotz lud die Donau im Sommer gerne zu einer Bootspartie oder zum Baden ein, wie z.B. an den Strand bei der Überfuhr vom Gast- und Landwirt „Bayertoni". Nach dem Schwimmvergnügen konnte man hier im „Sommerhaus" einkehren (s.a. HN 3 in Wörthen). Sogar „Auswärtige" aus Rain und Umgebung trafen sich hier zum Badespaß. Probleme bereiteten nicht die fehlenden Umkleidekabinen, die durch einen dichten Weidenbusch ersetzt werden konnten, sondern lediglich die leidigen Stechmücken, die auch heute noch manch einen zu einem schnellen Sprung ins Wasser veranlassen.



Unglücke

Donau und Lech forderten immer wieder ihre Todesopfer. 1869 ertrank der 54jährige Martin Königsdorfer, 1887 ein 14jähriger Schüler und 1937 ein 18jähriger Junge. Am 16.3.1888 wurde bei Genderkingen ein Unbekannter aus der Donau geborgen, dessen Identität nicht mehr festgestellt werden konnte. Kein Einzelfall war der Inhalt folgenden Berichtes:

Donauwörther Nationalzeitung 8.2.1935:

Genderkingen. (Mit dem Fuhrwerk in den Lech). Der Sohn des Landwirts Nagel von hier fuhr gestern mittag mit einem Fuhrwerk den Fahrweg am Lech entlang: Der Lenker wollte einem vereisten Straßenstück ausweichen und geriet dabei dem Lech zu nahe. Der Wagen rutschte ab und stürtzte mitsamt dem Fahrer in den Hochwasser führenden Fluß. Fischer aus Rain bemerkten den Vorfall und eilten zu Hilfe. Der Fuhrwerkslenker konnte sofort den Fluten entrissen werden. Schwieriger gestaltete sich die Bergung des Wagens und der zwei Kühe, die fast zwei Stunden in dem nassen und kalten Element bleiben mußten. Trotzdem konnten sie lebend geborgen werden. Der Wagen ist stark beschädigt.

Donauwörther Anzeigeblatt 1910[3]

Genderkingen 16.6.: Der Lech hat Genderkingen überschwemmt. Da Hilfe dringend Not tut, wird aus der Garnison Dillingen eine Abteilung von 60 Mann Chevauleger (leichte Reiterei) abgeordnet. Unter Führung von 2 Offizieren arbeiten die Mannschaften in den bedrohten Orten an der Rettung von Menschen und Vieh.

Gravierenden Schaden erlitt die Bevölkerung jeweils bei Hochwasser, insbesondere bei Überschwemmungen des Lechs, der bei einem gebrochenen Damm seine Fluten in Windeseile in Richtung Dorf wälzen konnte. Beim Hochwasser 1910 wurden in Genderkingen 1300 Tagwerk überschwemmt, 3 Brücken zerstört und 60-70 Meter Straße weggerissen. Der kleine Heinrich Stöpperger ertrank im Alter von knapp 3 Jahren im Hofe seiner Eltern.

Schwäbisches Volksblatt, 3.6.1940[4]

Der Lech zerbrach den Schutzdamm (30.05.) 
„Der lang ersehnte Regen stellte sich leider plötzlich ganz ungestüm ein. Die Folge war, daß nach verhältnismäßig kurzer Regendauer alle Gewässer aus ihren Ufern traten. Der Lech zeigt sich diesmal von seiner schlimmsten Seite. Seit dem Jahr 1910 waren die Überflutungen des Lechs nie mehr so groß wie in diesen Tagen. Besonders war unser Nachbarort Genderkingen und die in dessen Umgebung liegenden Gutshöfe bedroht. Zwischen der Eisenbahn- und Landstraßenbrücke nach Rain zerbrach der Strom in breiter Front am Freitag den Schutzdamm und überschwemmte in wilder Kraft die anliegenden Gebiete und die Ortschaft selbst. Ein Pioniertrupp sowie die Technische Nothilfe und Mannschaften des Reichsarbeitsdienstes wurden zur Hilfe gerufen. Mit Pontons und Schlauchbooten wurden Bewohner aus ihren Häusern geholt, wo das Wasser in Fensterhöhe stand. Das Vieh wurde gerettet. Es konnte durch tatkräftiges und schnelles Eingreifen dieser Hilfsmannschaften größeres Unglück abgewendet werden. Die Staatsstraße nach Rain kann kurz vom östlichen Ortsausgang ab =bei der Zollwirtschaft= nicht mehr benützt werden. Die wilden Wasser haben sich darüber hinweg ein Bahn gesucht. Wie groß die Gefahr und wie hoch der Wasserstand war, geht daraus hervor, daß es den Bahndamm beinahe zu überfluten drohte."

Bilder

Quellen/Links

  1. Staatsarchiv Augsburg, Bezirksamt Donauwörth, a.S. 1352
  2. Staatsarchiv Augsburg, Bezirksamt Donauwörth, a.S. 1361
  3. aufbewahrt im Stadtarchiv Donauwörth
  4. aufbewahrt im Stadtarchiv Donauwörth

Die deutschsprachige Wikipedia zum Thema „Chevauleger ”